[Rechtsfr.] § 75 SGB VIII - OVG Hamburg bestätigt Nichtanerkennung eines privat-gewerbliche Trägers (2008)

Alfred Oehlmann Alfred.Oehlmann at lwl.org
Fr Aug 29 12:41:36 CEST 2008


Privat-gewerbliche Träger haben keinen Anspruch auf Anerkennung als
freier Träger der Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII (KJHG)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat in einem Grundsatzurteil
vom 22.April 2008 (Aktenzeichen 4 Bf 104/06) entschieden, dass
privat-gewerbliche Träger keinen Anspruch auf Anerkennung als Träger der
freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII haben. Das Urteil ist als pdf
Datei beigefügt. Die Entscheidung ist sehr detailliert begründet. 

Dieses oberinstanzliche Urteil ist auch deshalb von besonderer
Bedeutung, weil  neben öffentlichen Fördermittelgebern (Kommunen,
Länder, Bund) immer mehr Stiftungen etc. als Fördervoraussetzung eine
Anerkennung nach § 75 SGB VIII zur Bedingung haben. Diese gehen
natürlich davon aus, dass "ihre" Fördemittel nur gemeinnützig und
nicht privatnützig verwendet werden und eine unmittelbare oder
mittelbare Verwendung für private Entnahmen ausgeschlossen ist. 

Aus der  Entscheidungsbegründung: 

1. Von einer Verfolgung gemeinnütziger Ziele im Sinne des § 75 Abs.1
Nr.2 SGB VIII ist nur dann auszugehen, wenn der Träger . (...) selbstlos
handelt, wie es auch im Steuerecht für die Anerkennung der Förderung
gemeinnütziger Zwecke gefordert wird (1.). Dieser Auslegung steht
Verfassungsrecht nicht entgegen (2. ). Sie widerspricht auch nicht
europarechtlichen Vorgaben (3). (vgl. Hamb.OVG, Urteil v.22.04.2008, 4
Bf 104/06, unter I. der Entscheidungsbegründung).

2. Es widerspricht auch nicht dem Zweck der Regelung über die auf Dauer
angelegte Förderung, die nach § 74.Abs.1 Satz 2 SGB VIII  regelmäßig nur
anerkannte Träger  erhalten können. Mit dieser Beschränkung wird von
vornherein ausgeschlossen, dass Förderungsmittel dafür verwendet werden
können, privatnützige Gewinne zu finanzieren (vgl. Hamb.OVG, aaO, unter
I.1. (1) letzter Absatz der Entscheidungsbegründung).

3.Um die sparsame und zweckgerichtete Verwendung von Haushaltsmitteln
zu sichern, die über das allgemeine Steueraufkommen finanziert sind, ist
es ohne Weiteres nachvollziehbar, in der Regel von vornherein solche
Träger von der dauerhaften Förderung durch öffentliche Mittel
auszuschließen, die diese Mittel möglicherweise dazu verwenden,
privatnützige Gewinne zu erzielen. Auch dieser Ausschluss ist für die
betroffenen Träger zumutbar, da ihnen weitere berufliche
Betätigungsfelder und Einnahmemöglichkeiten jedenfalls auf dem Gebiet
der entgeltfinanzierten Leistungen (vgl. § 78a ff SGB VIII) offen stehen
(vgl.Hamb. OVG, aaO, I.2.a)bb) letzter Absatz der
Entscheidungsbegründung).

Ihr 
Alfred Oehlmann-Austermann
LWL-Landesjugendamt
Westfalen/Münster 


-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : §75_OVG_Hamburg_gewerblicherTräger_abl_4bf103-06.pdf
Dateityp    : application/pdf
Dateigröße  : 97198 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL         : https://www.lwl.org/pipermail/rechtsfragen/attachments/20080829/1f34bcf0/attachment.pdf 
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : Gewerblicher_Träger_ohne_Briefkopf.doc
Dateityp    : application/msword
Dateigröße  : 32768 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL         : https://www.lwl.org/pipermail/rechtsfragen/attachments/20080829/1f34bcf0/attachment.bin 
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : Gewerbliche_Vermögensbindung_55AO.pdf
Dateityp    : application/pdf
Dateigröße  : 91023 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL         : https://www.lwl.org/pipermail/rechtsfragen/attachments/20080829/1f34bcf0/attachment-0001.pdf