Der Industriepark Dorsten/Marl

01.01.2007 Klaus Langenberg

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Logo: Industriepark Dorsten/Marl

Der Industriepark Dorsten/Marl entwickelt sich zu einem der Vorzeigestandorte im Ruhrgebiet

Gerade einmal zweieinhalb Jahre ist es her, dass die Erschließung der rund 70 Hektar umfassenden Industriefläche an der Stadtgrenze Dorsten/Marl im Kreis Recklinghausen fertig gestellt werden konnte. Um die Vermarktung des Areals kümmert sich seit dem die eigens von der Grundstückseigentümerin STEAG AG und den Städten Dorsten und Marl gegründete "Projektgesellschaft Dorsten/Marl mbH". Und das mit gutem Erfolg, denn schon jetzt kann sich die Bilanz sehen lassen: Mehr als die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fläche ist bereits vergeben.

In- und ausländische Unternehmen starteten ihre jeweiligen Projektvorhaben im nördlichen Ruhrgebiet. Als eines der ersten sorgte die ECAN GmbH (Euro Car Auction Network), ein Unternehmen mit japanischem Ursprung, für positive Schlagzeilen. Sie nahm ein voll elektronisches Auto-Auktionshaus in Betrieb, das erste seiner Art in Europa.

Abb. 1: Ansiedlungsprojekte ECAN und PolymerLatex (Foto: Projektgesellschaft Industriepark Dorsten/Marl mbH)

Weitere Investoren folgten. So investiert die dänische Genan Gruppe rund 45 Mio. Euro in eine neue Industrieanlage zur Verwertung von Altreifen. In einem ersten Schritt sollen so 60 neue Industriearbeitsplätze entstehen. Und noch während die deutsche PolymerLatex GmbH, weltweit führend im Bereich der Herstellung von Kunststoffdispersionen, ihre neue Firmenzentrale mit allen F&E Aktivitäten am Standort konzentriert, freut man sich in Dorsten und Marl bereits auf das nächste, viel versprechende Vorhaben.

Die Loremo AG wird demnächst die Entwicklung eines 1,5 Liter Autos am Standort vorantreiben. Ziel ist es, im Industriepark eine Kleinserie des Loremo LS zu etablieren. Zwischen 5.000 und 8.000 Exemplare des innovativen Sparautos sollen dann produziert werden.

Jüngste Ansiedlungsprojekte aus der Logistikbranche belegen zudem die hervorragende verkehrliche Anbindung des Industrieparks an das überregionale Straßen-, Wasser- und Schienennetz. Durch die zentrale Lage lassen sich im Umkreis von 250 Kilometern rund 60 Mio. Menschen erreichen.

So errichtet die Spedition Hubert Kläsener Flüssigkeitstransporte oHG zurzeit ihre neue Firmenzentrale im Industriepark. Kläsener ist ein international tätiges Logistikunternehmen, das sich auf Gefahrguttransporte spezialisiert hat. Am neuen Standort werden zunächst 110 Mitarbeiter zusammengeführt.

Der Deutsche Paketdienst DPD wird in Kürze mit dem Bau eines neuen Auslieferungsdepots beginnen. DPD hat sich vom ersten privaten Paketdienst zu einem der führenden Paketdienste Europas entwickelt und schlägt heute für mehr als 200.000 gewerbliche Kunden täglich rund 1,4 Mio. Pakete um.

Gute Perspektiven also, und so bleibt das Standortmarketing des Industrieparks weiterhin auf die Zielbranchen Chemie, Logistik und Automotive konzentriert.

Neue Formen einer pro-aktiven Ansiedlungsförderung

Die kommunale und regionale Wirtschaftsförderung beschäftigt sich seit jeher mit der Entwicklung und Vermarktung von Gewerbe- und Industrieflächen. Aber insbesondere Flächen für größer flächige Industrieansiedlungen unterliegen einem enormen regionalen, nationalen und internationalen Wettbewerbsdruck, der mit klassischen Methoden der Ansiedlungswerbung nicht bewältigt werden kann.

Darüber hinaus sind die lokalen und regionalen Möglichkeiten der Steuerung von Benefits für (ausländische) Investoren sehr begrenzt. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf Ansiedlungsservices (One-Stop-Agency, Lotse etc.). Zudem müssen potenzielle Wettbewerbsnachteile insbesondere bezüglich des Flächenpreises, steuerliche Anreize und Förderkonditionen ausgeglichen werden.

Dies alles erfordert neue Strategien in Form eines aktiven Standortmarketings. Ziel ist es dabei, auf die Schreibtische bzw. in die Köpfe der Investitionsentscheider zu kommen.
Abb. 2: Gesamtansicht des Industrieparks Dorsten/Marl (Foto: Projektgesellschaft Industriepark Dorsten/Marl mbH)

Für die Vermarktung des durchaus überregional bedeutsamen Standortes Industriepark Dorsten/Marl mit einer Netto-Industriefläche von 700.000 m2 stehen einerseits nur begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung, andererseits haben sich die herkömmlichen Methoden direkter Unternehmensansprachen wie Mailing, Messeansprachen oder Telefonmarketing als wenig effektiv erwiesen.

Mit einem neuen Modell eines aktiven Standortmarketings hat die Projektgesellschaft die spezifischen Stärken des Industrieparks durch professionelle Partner aus der Wirtschaft ermitteln lassen und über daraus entwickelte Standortprofile Spezialpartner gefunden, die weitere Benefits für potenzielle Investoren anbieten. Auf diese Weise ist es möglich, durch Zusammenführung von direkt am Markt Beteiligten den Standort "mit" zu vermarkten.

Ein bestes Beispiel für derartige Aktivitäten ist die Zusammenarbeit verschiedenster Partner in der ChemSite-Initiative, über die der Industriepark Dorsten/Marl mit dem Schwerpunkt chemienahe Verarbeitungsindustrie am Markt platziert ist. Die Initiative ist getragen von namhaften Chemieunternehmen der Region (Degussa, BP, Sabic, Air Liquide etc.), den Kommunen, Gewerkschaften, Wirtschaftsförderern und dem Land NRW.

Entwicklungsphasen der Vermarktungskonzeption

Eine gemeinsame Marktbearbeitung von lokalen und regionalen Standortbetreibern und professionellen Partnern aus der Wirtschaft - durchaus mit nationalem und internationalem Background - ist auch in anderen zukunftsfähigen Branchen unabdingbar.

Hierbei geht es im Wesentlichen darum, deren Marktkenntnisse und Kontakte für den Standort nutzbar zu machen. Dadurch kann es gelingen, die geringen öffentlichen Benefits durch firmenspezifische (Abnehmerstrukturen, Kooperationspartner, gemeinsame Produktentwicklungen, gemeinsame Logistik usw.) so zu ergänzen, dass in der Addition der Vorteile am Standort für alle Beteiligten interessant sind.

Im Rahmen der Vermarktung des Industrieparks Dorsten/Marl wurde deshalb schon frühzeitig ein Netzwerk mit Markt erfahrenen Partnern aufgebaut.

Aus dem Kreis der Netzwerkpartner konnten bereits verschiedenste Aktivitäten zur aktiven Investorenansprache initiiert und umgesetzt werden.

Methodisch wurden dabei nach Sondierung und Bewertung der zukunftsträchtigsten Zielbranchen zunächst Expertenworkshops durchgeführt, um konkrete Marketingargumente und Vertriebskanäle zu definieren. Moderiert und inhaltlich begleitet wurden die Workshops von dem namhaften Flächen- und Projektentwickler Drees & Sommer.

Über eine zielgerichtete Marktansprache in den Zielbranchen hinaus konnten verschiedene konkrete Vertriebsprojekte entwickelt werden, die sich zurzeit in der Umsetzung befinden.

Ein Projekt ist beispielsweise die Entwicklung einer "Marktzugangsstrategie für mittelständische Unternehmen im automotiven Bereich aus der Türkei". In der Türkei hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten die Automobilwirtschaft rasant entwickelt. Mit dem Aufbau zahlreicher Produktionsstätten vieler namhafter Hersteller hat sich eine mittelständisch geprägte, wirtschaftlich äußerst erfolgreiche Zuliefer- und Ersatzteilindustrie etabliert. Diese Unternehmen produzieren in der Türkei und möchten sich nun zunehmend den weiteren europäischen Absatzmarkt erschließen. Der Standort Nordrhein-Westfalen eignet sich dabei besonders als Logistik- und Vertriebsdrehscheibe.

Vor diesem Hintergrund wurde gemeinsam mit dem mittelständischen Logistikdienstleister Steinle Logistics das "Logistic-Center D, Ihr Marktzutritt nach Deutschland" entwickelt. Ziel des Projektes ist es, am Standort ein Zentrum für türkische Automobilzulieferer und Ersatzteilproduzenten zu etablieren und die türkischen Unternehmen einerseits marktfähig zu machen und bei der Ausrichtung von Produktion und Marketing zu beraten, andererseits den "Sprung" nach Deutschland zu begleiten, indem Kontakte zu deutschen Kooperationspartnern und Kunden hergestellt werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich regionale Ansiedlungsförderung im globalisierten Wettbewerb um wichtige Investitionen anders aufstellen muss als in der Vergangenheit. Das hier dargelegte Modell setzt stark auf die Kooperation mit Markt-Playern, die den Standort bei ihrem eigenen Business im "Koffer" haben.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2007